Wer ist hier der Esel?

Mit Palmsonntag beginnt die Karwoche, auch «Stille Woche» genannt, in der wir Christinnen und Christen an das Leiden und Sterben Jesu am Kreuz denken und uns auf Ostern vorbereiten. Der Palmsonntag erinnert an den Einzug von Jesus in Jerusalem und den Beginn seines Leidensweges. Den Berichten der Evangelien zufolge ritt Jesus auf einem Esel in die Stadt und wurde von Vielen jubelnd empfangen. Bei seinem Empfang breiteten sie ihre Kleider vor ihm aus und streuten Palmzweige auf den Weg.

Aber da gab es auch die anderen. Die, die argwöhnten: «Was ist das für einer, der die Menschen wie magisch anzieht?» Die, die hetzten: «Das ist doch der, der das Volk aufwiegelt!» Und die, die Hassparolen schrien: «Tötet ihn! Hängen soll er!»

In einer unüberschaubar gewordenen Welt wissen wir heute oft nicht, auf welche Seite wir uns stellen sollen. Unser Glaube gibt uns eine ebenso klare wie zeitlose Direktive: wir stehen immer auf der Seite derer, die dem Frieden dienen. Als Jesus nach Jerusalem kam, so lesen wir im Lukas-Evangelium, weinte er und sprach: «Wenn doch auch du erkenntest, was zum Frieden dient!» (Lukas-Evangelium 19.42) Gott selbst weint ob der Grausamkeit und Blindheit der Menschen. Der Palmsonntag ist für mich der Tag, an dem ich mich am liebsten an den Hals eines Esels schmiegen würde und ihn bitten möchte, uns zu lehren, so friedlich und sanft zu leben, dass auch wir es wert würden, die Zugtiere des Friedensfürsten genannt zu werden.

Florence Develey

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