Das Geschenk des Wassers
Der grosse Häuptling in Washington sendet Nachricht, dass er unser Land zu kaufen wünscht. Wir werden sein Angebot bedenken, denn wir wissen – wenn wir nicht verkaufen, kommt vielleicht der weisse Mann mit Gewehren und nimmt sich unser Land.
http://www.humanistische-aktion.de/seattle.htm
Wie kann man den Himmel kaufen oder verkaufen – oder die Wärme der Erde? Diese Vorstellung ist uns fremd. Wenn wir die Frische der Luft und das Glitzern des Wassers nicht besitzen – wie könnt ihr sie von uns kaufen? Glänzendes Wasser, das sich in Bächen und Flüssen bewegt, ist nicht nur Wasser – sondern das Blut unserer Vorfahren.
Wenn wir euch Land verkaufen, müsst ihr wissen, dass es heilig ist und eure Kinder lehren, dass es heilig ist, und dass jede flüchtige Spiegelung im klaren Wasser der Seen von Ereignissen und Überlieferungen aus dem Leben meines Volkes erzählt. Das Murmeln des Wassers ist die Stimme meiner Vorfahren. Die Flüsse sind unsere Brüder, sie stillen unseren Durst. Die Flüsse tragen unsere Kanus und nähren unsere Kinder.
Solche Worte richtete Chief Seattle, der Häuptling der Duwamish-Indianer, 1855 an den Kongress der Vereinigten Staaten. Seine Rede war die Antwort auf das Ansinnen Nordamerikas, die ansässigen Indianer umzusiedeln, um auf ihrem Gebiet Stahlwerke und Werften zu bauen.
Dass Wasser keine Selbstverständlichkeit ist, werden die nächsten Generationen schmerzhaft erfahren müssen – darüber sind sich Zukunftsforschende einig.
Die Privatisierung der Wasserversorgung und der enorme Verbrauch von Wasser zu Gewerbezwecken sind nur zwei der Gründe, die den Kampf ums Grundwasser vorantreiben und zusehends verschärfen.
Wasser, so sagt der Indianerhäuptling stellvertretend für sein ganzes Volk, sei ihm heilig. Heilig heisst: zu Gott gehörig. Wasser ist heilig und damit von unschätzbarem Wert. Wasser ist ein Geschenk des Schöpfers und muss als solches behandelt werden.
In Anlehnung an diese tiefe Einsicht des Duwamish-Indianers möchten wir unsere Kinder lehren, das Wasser wertzuschätzen. Zwei Gottesdiensten (Fiire mit de Chliine, Fiire mit de Grosse) haben diese Thematik kürzlich aufgenommen.
Pfarrerin Florence Develey
[Bildnachweis: Samuel Scrimshaw / Unsplash ]