Mensch wo bist Du?

Eine geradezu niedliche Szene: Adam hat soeben vom verbotenen Apfel im Paradiesgarten genascht. Gott kommt vorbeigeschlendert und ruft: «Adam, wo bist Du?». Adam aber nimmt einen Satz hinters Büschlein, um nicht gesehen zu werden. Hastig knüpft er ein paar Blätter zusammen und bedeckt damit den Allerwertesten, denn er fühlt sich plötzlich sehr nackt.

Tatsächlich ist er nackt. Aber nicht erst seit eben, sondern immer schon. Bloss hat er’s eben erst entdeckt, da er etwas Verbotenes getan und seine kindliche Unschuld schlagartig verloren hat.

Es nützt alles nichts: Gottes Ruf kann er sich nicht entziehen und kommt – im kleinen Schurz – mit gesenktem Haupt aus seinem Versteck.

«Wo bist Du?», war Gottes rhetorische Frage. Sie hätte direkter auch lauten können «Warum bist Du hinter dem Busch, statt geradezustehen für das, was Du getan hast?» Gott ruft mit dem einfachen: «Wo bist Du?» Adam in die Verantwortung. In der Frage steckt gleichzeitig der Aufruf: «Du hast gelernt zu unterscheiden zwischen Dir und anderen und zwischen Gut und Böse. Spiel nicht den Unschuldigen. Schieb nicht die Schuld auf die Umstände oder auf die Andere(n). Mach nicht einen auf Opfer. Sondern steh zu Dir und steh zu dem, was Du falsch machst.»

Verantwortung tragen heisst, dem zu antworten, vor dem man sein Leben lebt. Wir Christinnen und Christen leben unser Leben vor Gott und sind ihm Rechenschaft schuldig für das, was wir tun und lassen. Darum ruft uns das Glaubensleben in ein verantwortliches Dasein gegenüber unseren Mitmenschen, der Tierwelt und allem, was ist.

Übrigens: Adam ist biblisch nicht eigentlich ein Vorname, sondern heisst übersetzt: «Mensch». Gott rief also nicht bloss «den» Adam, sondern jeden Menschen …

Florence Develey

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Bitte füllen Sie dieses Feld aus.
Bitte füllen Sie dieses Feld aus.
Bitte gib eine gültige E-Mail-Adresse ein.